Vom Lake Tekapo bis nach Kaikoura
Am Morgen des 22.10.2017 verließen wir den wunderschönen Platz am Lake Pukaki und fuhren weiter bis zu seinem Nachbarn, dem Lake Tekapo.
Auch der Lake Takapo leuchtete in einer fast surreal anmutenden Farbe, die wohl am besten mit dem Wort “Azurblau” beschrieben werden kann.
Direkt am Ufer des Sees befindet sich die kleine “Church of God Sheperd”. Durch eine Scheibe gegenüber des Einganges blickt man direkt auf den See und die dahinterliegenden Berge.
Wir entschieden uns für eine dreistündige Wanderung auf die Spitze des Mount John, wo sich auch Neuseelands größtest Observatorium befindet. Der Himmel über dem Lake Takapo wurde als erstes “Sternenlicht-Reservat” der Welt ausgezeichnet, da es als eines der schönsten Plätze zum Beobachten der Sterne gilt und dort 0% Lichtverschmutzung herrschen.
Wer keine Lust hat die Bergspitze per pedes zu erwandern und lieber fahren möchte, muss dafür teuer bezahlen. Die Straße ist gebührenpflichtig und wird überwacht.
Nach der Wanderung auf dem Foreshore Walk kamen wir am Nachmittag wieder in Tekapo an. Der gestrige Tag und die heutige Anstrengung verführten uns zu einem Besuch der Lake Tekapo Springs. Dort erwarteten uns drei Pools à 35°, 37° und 38° Celsius, eine Sauna und ein Dampfbad. Da wir von den deutschen Thermen und Thermalbädern sehr verwöhnt sind, erwarteten wir etwas ähnliches in Tekapo. Doch weit gefehlt! Die Pools waren zweckmäßig, es gab aber nirgendwo eine Möglichkeit, sich außerhalb des heißen Wassers aufzuhalten: keine Stühle, keine Liegen, keine Wiese. Auch die Sauna war nicht gerade ein Highlight. Aufgegossen wurde von den Besuchern selbst, die wie die Berserker Leitungswasser auf den Ofen schleuderten. Aber damit nicht genug. Aufgegossen wurde zudem alle 30 Sekunden, bis die Luftfeuchtigkeit an eine andere Dimension erinnerte. Natürlich musste man sich mit Badebekleidung in die Sauna begeben, dass freikörperkultige Verhalten der Deutschen wird in Neuseeland nicht gestattet. Selbst in der Umkleide musterten mich neugierige Blicke als ich vor der Dusche blankzog. Wer in Gottes Namen duscht sich denn mit Badebekleidung? Kopfschüttelnd und voller Unverständnis verließen wir nach gut zwei Stunden das “Schwimmbad”.
Die heutige Nacht verbrachten wir auf der Lake McGregor Campervan Site für unangemessene 20 NZD. Zwei Plumpsklos und ein Waschbecken mit Handpumpe standen bereit…
Früh am nächsten Morgen machten wir ein Brainstorming: welcher Ort würde unser heutiges Ziel sein? Wir studierten die Landkarte und entschlossen uns schließlich, die knapp 410 Kilometer bis nach Kaikoura zu fahren.
Die Fahrt über die Küstenstraße bot uns immer wieder unglaubliche Ausblicke. Durch die Erdbeben in den letzten Monaten kam es immer wieder zu Erdrutschen. Ganze Straßenabschnitte des State Highway 1 waren verschüttet und Felswände mussten mit Containern abgestützt werden. Wir hatten großes Glück, dass die Straße nicht gesperrt worden war! Nach gut sechs Stunden erreichten wir den Top 10 Holiday Park in Kaikoura, wo wir uns nach der anstrengenden Fahrt etwas entspannten…
Den Abend beschlossen wir bei Wraps und neuseeländischem Weißwein. Dazu lasen wir allerhand über die örtlichen Angebote, um die Kaikoura-Halbinsel und das Leben im Meer zu erkunden. Kaikoura ist vor allem für sein reiches Vorkommen an Meereslebewesen bekannt, die sich in der Nähe der Küste tummeln sollen. Da der Meeresboden vor der Halbinsel steil abfalle und die Strömung des wärmeren Meerwassers das tiefere, kältere Meerwasser aufwirbele, fänden viele Meeresbewohner ein reichhaltiges Buffet an Plankton, Krill und Algen vor. Es gebe Wale, Delfine, Robben und sogar Albatrosse…
Am nächsten Morgen brachen wir früh zu einer Wanderung auf, die uns über die Halbinsel führen sollte. Vom Point Kean Viewpoint ging es über einen schmalen Weg bergan bis auf den Peninsula Walkway. Diesem folgten wir dann zur South Bay. Da gerade niedrige Tide herrschte, konnten wir den Rückweg über den Strand gehen.
Überall am Strand lagen Seelöwen, die sich in der Mittagssonne entspannten.
Auf unserem Weg trafen wir jedoch nicht nur auf die freundlichen Seelöwen, sondern auch auf nistende Mantel- und Rotschnabelmöven.
Auf der Kairoura-Halbinsel befindet sich die größte, nistende Rotschnabelmöven-Kolonie Neuseelands! Tausende der Tiere schrien, krächzten und flogen durcheinander.
Das Nistgebiet war weiträumig abgesperrt und nur über einen schmalen Weg erreichbar, welchen man nicht verlassen sollte. Die Brutplätze werden stetig von einem Forscherteam beobachtet, die das Nistverhalten der Rotschnabelmöven studieren.
Nach der wunderschönen Wanderung über die Halbinsel, hielten wir nur einige hundert Meter weiter am “The Point”. Bereits auf dem Weg zum Point Kean Viewpoint hatte ich dort ein Schild entdeckt: “Sheep Shearing Show, today at 1.30 pm!”. Bei “The Point” handelt es sich um einen Schafzüchterbetrieb, der in erster Linie von der Wolle seiner Schafe lebt. Pete, der Besitzer des Hofes empfing uns freundlich und schon waren wir mittendrin!
Ich bekam eine Nuckelflasche in die Hand gedrückt und durfte ein verwaistes Schäfchen füttern. Darauf war ich überhaupt nicht vorbereitet und absolut glücklich! Neuseeland verband ich schon immer mit Schafen und wollte bereits vor unserer Reise unbedingt einmal bei einer Schafscherung dabei sein.
Das Schäfchen war satt und ich war überglücklich, ob der großartigen Erfahrung!
Danach bat uns Pete in seinen “Stall”.
Dort erwarteten uns riesige Mengen feinster Wolle. Ein schwerer, aber angenehmer Duft von Schafswolle und Fett lag in der Luft.
Pete verschwand hinter seiner “Bühne” und kam kurze Zeit später mit einem Schaf im Schlepptau zurück. Recht unsanft zog er das Schaf hinter sich her, im Hintergrund lautes Schreien der Lämmer, die nun für die nächsten zehn Minuten verwaist warten mussten.
Ohne lange zu Fackeln zückte er den Scherapparat und begann zu scheren.
So romantisch man sich das Farmleben vorstellt, ist es in der Realität natürlich nicht. Pete erklärte, dass ein guter Scherer am Tag ca. 450 Schafe kahl rasieren könne. Das mag einem sicherlich viel vorkommen, aber wenn man bedenkt, dass Pete lediglich 6 NZD für ein Kilogramm Wolle bekommt… Für die berühmte Merinowolle bekäme er immerhin 25 NZD…
Von den Beinen, dem Bauch über den Rücken bis zum Kopf scherte Pete unermüdlich die dicke Wolle vom Körper des völlig perplexen Schafs.
Die feinste Wolle vom Kopf des Schafes, sammelte Pete gesondert in einem Container. Aber außer Pullovern könne man die Wolle auch anderweitig sinnvoll nutzen. Mit einem Schmunzeln blickte Pete zu Jens…
Nach gut 10 Minuten hatte Pete das Schaf seines Wintermantels entledigt und führte stolz das Ergebnis vor:
Wir durften vortreten und das Schaf berühren. Es fühlte sich ölig an und roch nun extrem nach Fett. Pete erklärte, dass das Öl, welches sich unter der Wolle auf der Haut des Schafs befindet, für Cremes und Seifen verwendet würde.
Ist das Tier blank, gehen Wolle und Schaf ab nun getrennte Wege. Das Schaf gelangte zurück zu seinen Lämmern und die Wolle kam in die Wollpresse. Zuvor sortierte Pete die Wolle nach ihrer Qualität.
Die Presse fügt die geschorene Wolle in einem Sack zusammen, der später an den jeweiligen Abnehmer verkauft wird.
Hinter den Kulissen freuten sich die Lämmer, dass sie ihre Mutter zurück hatten. Allerdings ist zweifelhaft, ob sie sie direkt erkannten…
Nach viel frischer Luft und aufregendem Schafescheren, legten wir unseren nächsten Stopp beim Kaikoura Seafood BBQ ein. Der kleine Wagen befindet sich seit vielen Jahren in Familientradition und bietet saisonale und frisch gefangene Meeresfrüchte an. Wir genossen mit dem Blick auf das Meer ein paar Garnelen, Fisch und Grünlippenmuscheln vom Grill. Absolut vorzüglich und in jedem Fall einen Stopp wert!
Zwei wunderschöne Tage lagen hinter uns und wir entschlossen uns, Kaikoura zu verlassen. Wie eingangs beschrieben, trafen wir während unserer Zeit nicht auf Wale, Delfine und Albatrosse. In der kleinen Stadt wurden viele Ausflüge feilgeboten, die zu gigantischen Preisen eine “Delfin-Garantie” versprachen. Wir hatten sogar gelesen, dass die Tiere durch die Unternehmen angefüttert würden, damit sie nah an das Boot herankämen. Das alles war für uns absolut unmöglich, so dass wir uns gegen jegliche Ausflüge entschieden. Dann hatten wir eben keines dieser Tiere in der freien Wildbahn gesehen…
Dazu kam auch noch, dass wir Kaikoura in der absoluten Nebensaison besucht hatten. Die Stadt wirkte wie ausgestorben und wir wurden auf dem Weg zu einem “Biergarden” bereits argwöhnisch gemustet, so dass wir unser Bier lieber im Camper tranken.
Nichtsdestotrotz hat sich der Abstecher nach Kaikoura absolut gelohnt!
6 Gedanken zu „Neuseeland – Südinsel Teil XI“
Und wieder so ein fesselnder Bericht mit so viel Herzblut geschrieben, dass es mich nicht wundern würde, wenn ihr demnächst auf eurer eigenen Farm Schafe schert und kleine Lämmer mit der Flasche aufzieht…! Wo immer die auch stehen wird…
Mein großer Traum! Zumindest ein Buch über die Schafszucht habe ich schon erworben! Mühsam ernährt sich das Lämmelein…
Liebe Steffi, lieber Jens,
ich habe eure Seite ja vor allem angesehen, um die Reise mit euren Eltern nach Norwegen zu betrachten. Dabei bin ich auch auf den Bericht über Neuseeland geraten. Ach….. ich habe so vieles wiedererkannt und doch soooo vieles nicht gesehen. Es ist einfach toll wie lebhaft Ihr von euren Reisen berichtet und die unglaublichen Fotos lassen einen in eine fast traumhafte Welt eintauchen. Wenn ich damals nicht selbst erlebt hätte wie Neuseeland sein kann, ich hätte euch unterstellt das die Bilder bearbeitet sind…. aber so weiß ich …. das war die Realität. Und ich habe mir vorgenommen, selbst in meinem Biblischen Alter sollte ich den Weg ans andere Ende der Welt vielleicht doch noch einmal auf mich nehmen.
Vielen Dank für die tollen Eindrücke und macht weiter so.
Liebe Grüße von einer Freundin Eurer Eltern
Romy
Liebe Romy,
erst einmal vielen lieben Dank für Deine schönen Zeilen! Die Reise war wirklich unglaublich schön… Es freut uns sehr, dass Du vieles wiedererkannt hast und das Dir die Berichte und Fotos gefallen! Dann macht das Schreiben und Fotografieren nochmal so viel Spaß!!
Eine Reise ist Neuseeland definitiv wert und vielleicht kannst Du die Anreise ja mit einer Unterbrechung planen. So erschien sie uns nicht ganz sooo lang! 🙂 Wir haben auch in Norwegen einige Parallelen zu Neuseeland entdeckt und das liegt fast vor unserer Haustür! 😀
Wenn Du eine solche Reise planst, können wir ja gerne mal darüber sprechen.
Nochmals vielen Dank und liebste Grüße!
Steffi und Jens
Liebe Steffi, wenn wir eine Reise planen werden wir gerne auf dein Angebot zurück kommen. Liebste Grüße von Frank und Romy
Super! 🙂
Liebste Grüße, Steffi