Von Viti Levu Island nach Matacawalevu Island
Nach den wunderbaren Wochen in Australien, ging für uns in der Nacht auf den 16.09.2017 der Flug nach Nadi, einer Stadt auf der Hauptinsel der Fidschis. Unser Flug hatte ganze fünf Stunden Verspätung. Aber wie wir bereits am Schalter von Fiji-Airways in Melbourne festgestellt haben, ticken die Uhren in Fidschi ganz anders! Das magische Wort, welches wir in der nächsten Wochen noch sehr oft hörten:
Fijitime!
Fijitime steht für so ziemlich alles, was NICHT mit Pünktlichkeit, Stress oder Hektik zu tun hat. Wobei ich gerade überlegen muss, ob es diese Wörter überhaupt auf Fidschianisch gibt…
Bereits am Flughafen in Nadi wurden wir von einigen fröhlichen Fidschianern Ukulele spielend begrüßt.
Danach wurden wir von Awesome Fiji Adventures empfangen und zu unserem Hotel für die erste Nacht auf der Hauptinsel gebracht. Der erste Eindruck von Nadi war etwas enttäuschend, denn bis jetzt hatten wir nichts gesehen, was an die Südsee erinnert, wie man sie sich vorstellt: weißer Sandstrand, Palmen, Bambushütten: Fehlanzeige. Es wirkte eher wie eine größere Stadt auf Bali. Auch der Strand von unserem Hotel war nichts Besonderes. Gräulicher Sand und bräunliches Wasser, aber immerhin sahen wir ein paar Palmen… Ich sagte zu Jens, dass sich auf dem Weg zu den Inseln die Landschaft drastisch verändern müsse, um bei mir das Südsee-Feeling entstehen zu lassen, das ich erwartet hatte.
Am Nachmittag saßen wir bei einem Fiji Bitter, dem fidschianischen Bier, zusammen und aßen Kokoda. Kokoda ist eine traditionelle Speise mit Fisch, Kokosnusscreme und Zwiebeln. Generell kochen die Fidschianer fast alle Gerichte mit Kokosnusscreme und garen ihre Speisen in einem Erdofen. Davon berichtete uns ein Taxifahrer, den wir nach den traditionellen Speisen auf den Inseln befragt hatten. Und obwohl ich keine rohen Zwiebeln mag, konnte ich mich an Kokoda nicht satt essen! Eine solche Köstlichkeit hatte ich selten gegessen! Ein Rezept wird folgen, sobald wir herausgefunden haben, wie man Kokoda zubereitet! 😉
Als wir gerade so entspannt auf der Terrasse des Hotels saßen, gesellte sich Luke zu uns. Luke ist ein Auswanderer aus der Schweiz, ca. 65 Jahre alt und steht ganz groß im Tortengeschäft auf den Fidschi-Inseln. Er erzählte uns in den nächsten zwei Stunden seine ganze Lebensgeschichte und so erfuhren wir, dass er bereits seit vielen Jahren auf der Hauptinsel wohne und seinen berühmten Bananenkuchen an die Fidschianer verkaufe. Seine Frau nähe Hawaiihemden und gemeinsam bewohnen sie ein kleines Haus in der Nähe von Nadi. Durch Luke erfuhren wir viel über die Einwohner und die Geflogenheiten auf den Inseln. Nach dem vierten Fiji Bitter verabschiedete er sich dann, er müsse Banenenkuchen backen…
Am nächsten Morgen wurden wir zum Hafen gebracht, an dem unsere Fähre zu den Yasawainseln ablegte.
Das erste Ziel für die nächsten zwei Tage, war die zu den Yasawas gehörende Insel Matacawalevu. Auf dieser Insel befindet sich das Long Beach Resort. Die Fahrt dauerte von Port Denarau bis Long Beach gute 4 Stunden. Bereits nach ein paar Minuten erreichten wir die ersten kleineren Inseln und das Südsee-Feeling war endlich da!
Die Fähre hielt mitten auf dem Meer an und aus der Ferne konnten wir ein kleines Boot mit mehreren Personen ausmachen. Die Bewohner von Long Beach holten uns mit Sack und Pack von der Fähre ab und brachten uns auf die Insel.
Jens und ich hatten uns bei der Buchung der Reise für die Unterbringung bei Familien entschieden, die tatsächlich auf den Inseln wohnten und arbeiteten. Wir wollten Fidschi authentisch erleben und keine Touristenbespaßung bekommen. Das war uns auf Matacawalevu Island vollkommen gelungen! Wir wurden freundlich mit einem Mittagessen begrüßt und in unsere Bure, eine traditionelle fidschianische Behausung, begleitet.
Unsere Bure war aus Bambus zusammengezimmert und hatte ein Bett, eine Toilette und sogar eine Dusche! Wir hatten zu Anfang mit viel weniger gerechnet, aber es war eine tolle Unterbringung.
Man muss sich natürlich im Klaren sein, dass die Lebensumstände in Fidschi andere sind als zum Beispiel in Deutschland. Die Einrichtung war sehr simpel. Die Dusche bestand aus einem Schlauch, der aus der Wand ragte und es gab ausschließlich Regenwasser, also natürlich auch kein heißes Wasser. Auch gab es nur zu bestimmten Zeit am Tag für wenige Stunden Strom. Aber dafür waren wir direkt am Strand und blickten auf das Meer! Was braucht man denn sonst noch?!
Wir hatten bei der Reiseplanung von Personen gelesen, die sich über die Unterbringung auf diese Art beschwert hatten. Wir hatten uns bei Awesome Fiji Adventures für das Paket “Island Time” mit der Kategorie “eine Kokosnuss” entschieden. Bei diesem Anbieter kann man zwischen mehreren “Kokosnüssen” wählen. Je mehr “Kokosnüsse”, desto höher der Standard bei der Unterbringung und dem Essen. Ab zwei “Kokosnüssen” bekommt man Unterbringungen die von europäischen Unternehmern geleitet werden und so dem uns bekannten Standard angeglichen sind. Genau das wollten wir NICHT. Und es war alles so, wie wir es erwartet hatten. Zwar schlicht, aber an wunderschönen Orten.
Ein Taxifahrer in Nadi hatte uns gesagt: “Wir Fidschianer sind zwar arm, aber wir sind unheimlich glücklich.” Und diesen Eindruck gewannen wir im Laufe der Reise immer wieder. Es wurde gelacht, gesungen und gejuckst. Sogar während der Arbeit..! 😉
Wir kamen an einem Sonntag auf Long Beach an und wie sollte es auch anders sein?! Am Sonntag ist ausschließlich Fijitime angesagt! Ab in die Hängematte und Gott einen guten Mann sein lassen. Wir hielten das aber nicht sehr lange aus und beschäftigten uns mit Kanufahren, schnorcheln und lesen. Selbst auf solch kleinen Inseln gibt es immer etwas zu entdecken!
Für eine willkomme Abwechslung sorgte auch die Hausziege Jerry, die sich selbst für einen Hund hielt. Sie besuchte uns täglich bei unserer Bure, sprang fröhlich herum und meckerte laut, wenn sie zu wenig Aufmerksamkeit bekam.
Auf Long Beach lernten wir Chris kennen. Chris ist ein waschechter Fidschianer, der uns in den nächsten Tagen so einiges beibrachte. Wir lernten das Weben von Körben aus Palmenblättern, wie man die verschiedenen Reifestadien einer Kokosnuss unterscheidet und sie öffnet und natürlich wie man eine Kawa-Zeremonie durchführt. Chris ist sich sicher: wir Europäer könnten alleine keine Woche auf einer einsamen Insel überleben. Cast Away wäre zwar ganz nett, aber doch nur ein Film…
Nach dem ziemlich kniffligen Weben der Körbe, folgte eine Lehrstunde über Kokosnüsse. Chris erklärte uns die verschiedenen Reifestadien und brachte uns das Öffnen einer Kokosnuss bei.
Die jungen Kokosnüsse, welche noch fest an der Palme hängen, besitzen eine grüne Schale. Je dunkler die Schale wird, desto reifer wird sie. Chris gab uns den Tipp, dass man auf Fidschi immer erst einmal nach oben schauen solle. Baumelt eine bräunliche Kokosnuss über einem, heißt es: in Deckung gehen!
Mit dem Reifestadium der Kokosnuss verändert sich auch der Geschmack. Die jungen grünen Kokosnüsse beinhalten noch eine große Menge an Kokoswasser, welches leicht säuerlich und erfrischend schmeckt. Das Fleisch ist noch sehr weich und es hat sich noch kein harter brauner Kern gebildet. Je reifer die Nuss wird, desto fester wird ihr Kern. Bei den Kokosnüssen die es bei uns in den Supermärkten gibt, handelt es sich lediglich um den Kern der Nuss. Die Schale ist bereits abgenommen. In diesem reifen Stadium wird das Fleisch fest und schmeckt nach dem uns bekannten “Kokos”.
Chris öffnete zunächst eine junge Kokosnuss mit einer Machete. Das klare Kokoswasser bot in der Mittagshitze eine willkommene Abkühlung!
Danach zeigte er uns, wie man die Schale einer reifen Kokosnuss entfernt. Dazu spitzte er mit der Machete einen Ast an und steckte ihn in den Boden. Mit einer Hebelbewegung hebelte er mit Hilfe der Spitze des Astes die Schale nach und nach vom Kern der Kokosnuss ab. Das war gar nicht so einfach, denn auch wir mussten natürlich Hand anlegen!
Nachdem die Schale vom Kern entfernt war, mussten wir ihn öffnen. Dazu zeigte uns Chris, dass eine Kokosnuss ein “Gesicht” besitzt. Mit ein bisschen Fanasie konnten wir Augen und Mund erkennen, der “ooooooohhhh” zu sagen schien. 🙂 Die Kokosnuss hat zwei erkennbare Linien: eine in der Mitte, welche die Nuss in zwei Hälften teilt und eine die sie “drittelt”. Mit genau dieser Linie (…die sie “drittelt”) muss die Nuss gegen eine harte Kante geschlagen werden.
Mit diesen Tipps von Chris hatten wir unsere Kokosnüsse in kürzester Zeit geöffnet! Zunächst machte sich Enttäuschung breit, war doch gar keine Kokosmilch im Kern… Aber Chris belehrte uns eines Besseren. “Die Milch befindet sich doch gar nicht in der Kokosnuss! Sie muss erst hergestellt werden!”
Ich durfte auf diesem Bänkchen Platz nehmen und dann wurde gehobelt was das Zeug hielt. An der kleinen Bank befindet sich ganz vorne ein kurzes Messerchen mit Zacken. Damit schabt man das Fleisch der reifen Kokosnuss aus dem halbierten Kern. Danach werden die Kokosnussraspel in ein Tuch gefüllt und ausgespresst. Aus den Raspeln tritt dann die Kokosmilch aus.
Aus den Raspeln und der Milch wusste Chris eine kulinarische Geschmacksexplosion zu kreieren!
Chris schnitt eine frische Papaya auf und nachdem er uns zeigte, wie man die Kerne aus der Frucht entfernte, ohne das Fleisch zu verletzen, träufelte er einige Tropfen der Kokosmilch auf die Papaya. Dann folgte ein Spritzer einer frischen Zitrone und einige Kokosraspeln. Diese Mischung löffelten wir dann genüsslich aus. Wir waren hin und weg. Was für ein Geschmack! Das Zusammenspiel der einzelnen gerade frisch geernteten Früchte waren ein Traum!
Am Abend ließen wir uns alle gemeinsam auf einer Bastmatte nieder, um die “Kava-Zeremonie” durchzuführen. Bei Kava handelt es sich um eine Pfefferpflanze, aus deren getrockneten Wurzeln ein Getränk zu religiösen und zeremoniellen Anlässen hergestellt wird. Wir haben zunächst die Wurzel in einem traditionellen Gefäß mit einem Stößel zu feinem Pulver zermahlen.
Das Pulver wurde dann in ein Tuch, ähnlich einem Waschlappen, gegeben. Chris stellte anschließend eine große Kavaschale mit Wasser vor sich und tauchte das Tuch mit dem Pulver – wie einen Teebeutel – hinein. Mit einer halben Kokosnussschale durchmischte er das Pulver mit dem Wasser.
Wir setzten uns in einen Kreis und Chris fragte mich, ob ich “Low Tide”, “High Tide” oder “Tsunami” haben möchte. Zunächst noch unwissend, begriff ich schnell den Unterschied. Es ging hierbei um die Menge des Getränks in der Kokosnussschale. Ich entschied mich zurückhaltend für eine “Low Tide”. Für das Ritual klatsche ich dreimal mit der hohlen Hand, so dass ein dumpfer Ton erklingt, nehme die Kokosnussschale entgegen, nicke Chris zu und trinke. Nach dem letzten Schluck grinse ich von einem Ohr zum anderen und schreie “Bulaaaa!”. Ich ernte Applaus. Habe wohl alles richtig gemacht. Das Kava hinterlässt einen Geschmack im Mund, als hätte ich eine Möhre aus der Erde gezogen und daran genuckelt. Die Zungenspitze wird ein wenig taub. Nach der dritten “Low Tide” werde ich langsam müde…
Während wir so beieinander saßen, kamen noch zwei weitere Bewohner des Dorfes hinzu und gesellten sich zu uns. Ein junger Fidschianer erzählte uns Geschichten aus dem Dorf. Er erklärte uns, dass lediglich der Chief, der älteste und angesehenste Mann im Dorf, das Recht habe über gewisse Dinge zu entscheiden. So dürfe nur er im Dorf eine Kopfbedeckung tragen, allen anderen sei es verboten. Frauen hätten knielange Sarongs zu tragen und die Schultern zu bedecken. Möchte man ein anderes Dorf besuchen, so bringe man dem Chief immer eine Kava-Wurzel mit. Dies zeuge von Respekt und Anerkennung.
So saßen wir einige Stunden beisammen, tranken Kava und lauschten den Geschichten der Dorfbewohner.
Am nächsten Morgen hatten wir einen Ausflug zu den Sawa-I-Lau Caves geplant. Ein Wassertaxi holte uns ab und nach gut 45 Minuten hatten wir die Insel Sawa-I-Lau erreicht.
Wir hatten zunächst mit einer Höhlenbegehung à la Tropfsteinhöhle gerechnet, aber aufgrund eines Hinweises von Chris vorsorglich unsere Schwimmsachen mitgenommen. Das war auch gut so, denn nachdem wir die Treppe zum Eingang der Höhle passiert hatten, führten einige Stufen direkt ins Wasser.
Wir schwammen einige Meter hinein und mitten in der Höhle befand sich über uns eine Öffnung zum Himmel. Da befanden wir uns tief in der Höhle und konnten über uns die Sonne sehen. Das war unglaublich!
Aber damit noch nicht genug. Ein Fidschianer sagte uns, dass es nun weiterginge in die zweite Höhle. Wir konnten aber gar keinen Eingang sehen! Ich sollte die Luft anhalten und unter Wasser nach einem Licht schauen. Gesagt, getan. Ich hielt die Luft an und tauchte Richtung eines schwachen Lichtscheins. Da wurde ich auch schon hochgezogen. Wir befanden uns nun in einer zweiten Höhle, in der es stockfinter war. Kein Sonnenstrahl schaffte es hierher. Das Wasser war so tief, dass wir nicht stehen konnten und einer der Einheimischen erzählte uns etwas über Snapper, die sie hier gerne fangen würden. Ein wenig mulmig war uns zwar zumute, aber um Angst zu haben, war es einfach zu faszinierend!
Nachdem wir wieder in Long Beach angekommen waren, gab es erst einmal Mittagessen. Um alle Bewohner zusammen zu trommeln, wird mit zwei Holzklöppeln auf einen hohlen Baumstamm geschlagen. Dieses Musikinstrument ist leicht selbst gebaut und ziemlich effektiv. Wir konnten es im Laufe unserer Reise auch auf den anderen Inseln entdecken.
Unser nächstes Ziel an diesem Tag war die “Blue Lagoon”, ein wunderschöner Schnorchel- und Tauchspot. Wir gingen direkt vom Boot ins Wasser und fanden uns plötzlich in einem riesigen Schwarm Fische wieder!
Einer der Fische erlaubte sich einen kleinen Scherz mit uns und bombte unser schönes Schnorchelfoto… :’-D
Neben den bunten Fischen, konnten wir auch viele schöne Korallen entdecken!
Ein wirklich ausgesprochen schöner Ort, mit einem reichhaltigen Korallengarten!
An diesem Abend lagen wir mit Chris auf einer Bastmatte am Lagerfeuer und betrachteten die Sterne. Er vertraute uns an, das es für ihn nichts Schöneres auf der Welt gäbe, als den Nachthimmel. Oft läge er die ganze Nacht wach und schaue in den Himmel. Ich musste schmunzeln, denn mir kam der Gedanke, dass es gleich ist, ob die Menschen in Deutschland in den Himmel sehen oder auf den Fidschis, wir sehen die selben Sterne und den selben Mond. In diesem Moment, in dieser Nacht, verband uns das, obwohl wir doch so unterschiedlich sind.
Hier geht es zum nächsten Insel-Trip…